Außerordentliche Kündigung wegen Äußerungen in einer privaten Chatgruppe
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2023, 2 AZR 17/23
Ein Arbeitnehmer, der sich beleidigend, rassistisch und sexistisch über Vorgesetzte und Kollegen äußert, kann außerordentlich gekündigt werden. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine private Chatgruppe handelt. Auf Vertraulichkeit kann sich der Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen berufen.
Der gekündigte Arbeitnehmer war bereits seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern. Ein früherer Kollege wurde im November 2022 als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren nach den Feststellungen der Vorinstanz langjährig befreundet, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Arbeitnehmer in beleidigender und menschenverachtender Weise u.a. über Vorgesetzte und Arbeitskollegen, was auch durch andere Gruppenmitglieder geschah. Nachdem der Arbeitgeber hiervon zufällig Kenntnis erhielt, kündigte er das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht gaben der gegen die Kündigung gerichteten Klage statt. Der Arbeitgeber wandte sich dagegen mit der Revision zum BAG. Dies meinte, dass sich der Kläger bei den ihm vorgeworfenen Äußerungen nicht auf eine Vertraulichkeitserwartung berufen konnte. Eine Vertraulichkeitserwartung ist nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben.